12. Juni 2014

Und plötzlich konnte der Sohn lesen

SPD-Kreistagsfraktion besucht inklusive Sophie-Scholl-Schule in Hanau

„Das ist doch egal, die werden alle meine Freunde“ – so hätte ein Mädchen am Schnuppertag auf ihre zukünftigen Mitschüler mit Behinderung reagiert, berichtete Mareike Meister der SPD-Kreistagsfraktion. Sie ist Leiterin der Sophie-Scholl-Schule Hanau, die es sich mit ihrem inklusiven Unterricht zur Aufgabe gemacht hat, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Kinder mit und ohne Behinderung zusammen lernen können. „Kinder kennen keine Berührungsängste.“

 

Schulleiterin Mareike Meister (rechts) führte die SPD-Kreistagsfraktion durch die Schule.Das Konzept geht auf. Die Entwicklungen, die die Schüler der ersten Klasse in den zehn Monaten seit Schulbeginn gemacht hätten, seien erstaunlich. „Da ist sehr viel im Miteinander passiert, aber auch jeder für sich hat einen großen Schritt nach vorne gemacht“, sagte Mareike Meister. Ein Junge mit Migrationshintergrund, der am ersten Tag aus Unsicherheit kein einziges Wort gesprochen habe, habe sich über die Gebärdensprache die deutsche Sprache erschlossen, und diskutiere mittlerweile ausgelassen mit seinen Mitschüler, so die Schulleiterin. „So hilft die Gebärdensprache, die die Kinder hier lernen, nicht nur denen mit Förderbedarf.“

Im August wurde die inklusive Ganztagsschule in freier Trägerschaft des BWMK (Behinderten-Werk Main-Kinzig e.V.) eröffnet. Derzeit besuchen 36 Erstklässler die Schule, zehn davon haben einen Förderbedarf. Im September werden die nächsten 44 Erstklässler eingeschult und dann mit den Zweitklässlern gemischt. Der jahrgangsgemischte Unterricht impliziert, dass nicht alle Kinder zur gleichen Zeit das gleiche tun, so Mareike Meister. Die Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion, darunter die Vorsitzende im Bildungsausschuss, Uta Böckel, die Vorsitzende des Sozialausschusses, Jutta Straub, und Fraktionsgeschäftsführerin Karin Bechtold, zeigten sich beeindruckt von diesem Konzept. „Und genau das ist unser Ziel“, sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Landtagsabgeordnete, Christoph Degen, der ebenfalls in die Schule gekommen war. „So soll es an allen öffentlichen Schulen funktionieren.“

Auch die Nachfrage nach dem Ganztagsunterricht sei „unglaublich hoch“, so die Schulleiterin. Die Einheit von Vor- und Nachmittag und nicht das Weiterreichen zwischen Schule und Hort bewähre sich. „Auch empfinden es die Eltern als sehr entlastend, dass die Kinder nach Hause kommen und keine Hausaufgaben mehr zu erledigen haben.“ Manche Eltern irritiere es eher, dass sie vom Schulalltag nicht mehr so viel mitbekämen. „Und plötzlich konnte der Sohn lesen“, habe eine Mutter der Schulleiterin gegenüber geäußert.

Nach fast einem Jahr sei die Schule längst in Hanau angekommen, sagte Mareike Meister. Der Großteil der angemeldeten Kinder für das kommende Schuljahr kommt  aus der Stadt Hanau. Darunter seien auch Schüler mit Migrationshintergrund und auch Kinder aus sozial schwachen Familien. „Dank der Unterstützung des Lions Club Palmengarten konnten wir Stipendien vergeben und so auch diesen Kindern trotz des Schulgelds, das wir als Schule in freier Trägerschaft erheben müssen, den Schulbesuch ermöglichen“, erklärte die Schulleiterin.

Die Sozialdemokraten bedankten sich für den interessanten Einblick und versprachen im nächsten Jahr wieder zu kommen, wenn die Grundschule bereits zwei Jahrgänge beherbergt.