04. März 2015

„Es ist schön, zu sehen, dass Inklusion funktioniert“

Sophie-Scholl-Schule Hanau bietet Hospitationstage an / Sehr große Nachfrage

„Der Tag in der Sophie-Scholl-Schule Hanau hat mir sehr gut gefallen“, sagt Rabea Käbisch. „Es ist schön zu sehen, dass Inklusion funktioniert und nicht immer nur davon zu hören oder in Büchern und Fachtexten davon zu lesen.“ Die 23-Jährige aus Großauheim studiert derzeit Förderschullehramt an der Goethe-Universität Frankfurt und hat von der inklusiven Grundschule des BWMK (Behinderten-Werk Main-Kinzig e.V.) aus der Zeitung erfahren. Sofort war ihr Interesse geweckt. Sie bewarb sich um eine Hospitation in der Schule.

Schulleiterin Mareike Meister (links) im Gespräch mit den Hospitanten (von links) Hanna Teckenbrock, Chiara Bajoni, Christopher Selbert und Rabea Käbisch.

„Die Nachfrage nach Hospitationsplätzen bei uns ist sehr hoch“, sagt Schulleiterin Mareike Meister. „Und die Rückmeldungen fallen sehr positiv aus. Viele Teilnehmer sagen, dass sie danach eine konkrete Vorstellung von unserem Schulkonzept haben. Oft bekommen wir auch die Rückmeldung, dass Teilnehmer Ideen für ihre eigene Praxisarbeit mitnehmen.“ Auch sei die Schule immer sehr gespannt auf die Rückmeldungen und den „Blick von außen“, da sie ihr Konzept weiter entwickeln möchte und gerne Anregungen annehme.

An diesem Tag hospitieren vier junge Leute in der Schule: die Studenten Rabea Käbisch, Hanna Teckenbrock und Christopher Selbert sowie das italienische Au-Pair-Mädchen Chiara Bajoni. Sie haben an den beiden Unterrichtsblöcken am Vormittag bis 12 Uhr teilgenommen, dann ist ein Teil der Schüler zum Mittagessen gegangen und der andere Teil begann den dritten Unterrichtsblock an diesem Tag. Die Hospitanten treffen sich nun mit der Schulleiterin. „Ich weiß nicht, ob Sie in den Klassen jeweils alle fünf Kinder mit Behinderung entdeckt haben“, sagt Mareike Meister. In der Schule besuchen jeweils 20 Kinder eine Klasse, davon fünf mit Förderbedarf. Kinder mit jeglicher Form von Behinderung würden dort unterrichtet, oft aber sei diese Behinderung nicht sichtbar, so Meister. „Behinderung ist nur ein Merkmal von Unterschiedlichkeiten bei Kindern. Die Kinder selbst denken nicht in diesen Kategorien, sondern nehmen ihre Mitschüler so an, wie sie eben sind.“ Im August 2013 wurde die inklusive Ganztagsschule in der Hanauer Lamboystraße eröffnet. Derzeit besuchen 40 Erstklässler und 40 Zweitklässler die Schule. Der Unterricht ist nicht nur inklusiv, sondern auch jahrgangsgemischt gestaltet.

„Es gibt noch nicht viele Schulen, die wirksame Konzepte für eine inklusive Beschulung umsetzen können“, sagt auch Schulleiterin Mareike Meister. „Vor allem Kinder, die nicht lernzielgleich lernen können, werden oft von einer inklusiven Beschulung ausgenommen.“ Hier wolle die Sophie-Scholl-Schule Hanau mit Hospitationen dazu beitragen, dass sich solche Konzepte weiter verbreiteten und die Hospitanten einen guten Einblick gewinnen könnten wie inklusive Beschulung möglich ist. „Wir wollen keine einsame Insel sein, sondern möchten, dass inklusive Beschulung zum Regelfall wird.“  

Hospitantin Hanna Teckenbrock kommt aus Griesheim und studiert Integrative Heilpädagogik an der Evangelischen Hochschule in Darmstadt. Die 20-Jährige hat über eine Kommilitonin, die dort bereits hospitiert hatte, von der Sophie-Scholl-Schule erfahren. Da sie für das erste Semester sechs Hospitationen in unterschiedlichen heilpädagogischen Arbeitsfeldern absolvieren muss, wählte sie für das Arbeitsfeld „Schule/Ausbildung“ die inklusive Grundschule. Ihr Resümee: „Der Tag hat mir sehr gut gefallen. Ich hatte bisher keine Erfahrungen mit Inklusion im Bereich Schule und hatte einige Bedenken, ob es gelingen kann, auf jeden Schüler und seine Fähigkeiten individuell einzugehen. Ich war positiv überrascht, wie gut das hier umgesetzt wird.“ Sehr beeindruckt habe sie auch die familiäre Atmosphäre der Schule. „Ich hatte das Gefühl, dass jeder Schüler dort seinen Platz gefunden hat. Das Konzept finde ich gut. Vor allem die Umsetzung des Inklusionsgedanken gelingt sehr gut.“ Dieser Meinung ist auch Rabea Käbisch: „Ich bin der Meinung, dass vor allem in der Grundschule alle Kinder gemeinsam lernen sollten und es mehr solcher Schulen geben sollte, damit jedes Kind mit Förderbedarf die Chance auf eine inklusive Beschulung hat.“