16. August 2013

„Wunder auch in kurzer Zeit möglich“

Inklusive ganztägige Grundschule des BWMK in Hanau feierlich eröffnet

Mit einem grünen Teppich, der die Gäste in das Schulgebäude führte, und mehr als hundert steigenden Luftballons haben zahlreiche geladene Gäste und das Team des BWMK (Behinderten-Werk Main-Kinzig e.V.) die Verwirklichung eines Traums gefeiert: Gestern wurde in der Hanauer Lamboystraße die Sophie-Scholl-Schule eingeweiht. Unter den Gästen war auch Hessens Sozialminister Stefan Grüttner.

Die Gäste lassen Luftballons steigen.

 

„Wir sind Wunderkinder“, sangen die Kinder der Integrativen Kindertagesstätte Maintal zur Begrüßung im Bewegungsraum der neuen Schule. Sofort wurde klar, wer ab sofort in der Lamboystraße 50 im Mittelpunkt steht: die Kinder. „Hier wird nicht nur ihre schulische, sondern auch ihre soziale Entwicklung gefördert. Sie werden eine Schule vorfinden, die ihren Bedarfen gerecht wird“, lobte der hessische Sozialminister das Konzept der Sophie-Scholl-Schule. Ihm gefalle besonders gut, wie das Projekt Sophie-Scholl-Schule Hanau seinen Anfang gefunden hat. So sprach er der Elterninitiative seinen „allerherzlichsten Dank“ aus. „Es braucht immer jemanden, der den Mut hat, etwas in Angriff zu nehmen“, so Stefan Grüttner. 

Vor zweieinhalb Jahren, im März 2011, hatte das BWMK eine Machbarkeitsstudie bei der Lebenshilfe Gießen, die bereits seit 15 Jahren erfolgreich eine Sophie-Scholl-Schule betreibt, in Auftrag gegeben. Fünf Elternpaare, die sich in der Beratungs- und Frühförderstelle des BWMK in Hanau kennen gelernt hatten, trugen die Idee für eine inklusive Schule an das Sozialunternehmen heran. Die Elterninitiative hatten den Kontakt über die Integrative Kindertagesstätte in Maintal gehalten und wünschte sich für ihre Kinder, dass das gemeinsame Lernen und Erleben auch in der Schulzeit weiter möglich ist. Mittlerweile ist die Elterninitiative in den Verein „Freunde und Förderer der Sophie-Scholl-Schule in der Lebenshilfe Hanau“ aufgegangen und engagiert sich weiterhin für die neue Schule.

„Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist“

„Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist“, zitierte Doris Peter, Vorsitzende des BWMK-Verwaltungsrates und Ehrenvorsitzende der Lebenshilfe Hanau, in ihren Grußworten Victor Hugo. „Ich freue mich darüber, was in dieser kurzen Zeit erreicht wurde, trotz all der Steine, die im Weg lagen, und der Unkenrufe.“ Sie dankte allen, „die nie aufgegeben haben“.

Martin Berg bedankt sich bei Investor Ernst Hain, Schulleiterin Mareike Meister,  Markus Schreiber vom Architektur-Büro Rack, Projektleiterin Christine Fischer und Bauleiter Heinz Beyer (von links).Auch Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky sprach den Projekt-Initiatoren und -Verantwortlichen seinen Respekt aus: „Ich habe den Eindruck, wenn Eltern zusammen mit dem BWMK und der Lebenshilfe etwas in Angriff nehmen, Wunder auch in kurzer Zeit möglich sind.“ Er befürworte es, dass die ehemaligen US-Militärgebäude im Lamboy-Viertel einer zivilen Nutzung zugeführt werden. „Und welche zivilere Nutzung kann es geben, als die Sophie-Scholl-Schule? Wir sind stolz, dass es sie nun in Hanau gibt.“

32 Erstklässler werden am Dienstag in die Sophie-Scholl-Schule eingeschult: 22 Regelschulkinder und zehn so genannte Pluskinder mit besonderem Förderbedarf. Die Sophie-Scholl-Schule Hanau ist ebenso wie ihre beiden großen Schwestern in Gießen und Bad Nauheim als inklusive Ganztagsschule konzipiert. Behinderte und nicht behinderte Kinder lernen gemeinsam, wobei jedes Kind individuell nach den eigenen Stärken gefordert und unterstützt wird und in seinem eigenen Tempo arbeiten kann. Der Schultag beginnt morgens um 7.30 Uhr und endet um 16.30 Uhr. Hausaufgaben werden hier Schulaufgaben genannt und unter kompetenter Betreuung in der Schule erledigt. Der Nachmittag steht für ein breitgefächertes Kursangebot oder das freie Spiel zur Verfügung.

Die Schule startet in diesem Schuljahr mit zwei ersten Klassen. Rücken im nächsten Jahr Erstklässler nach, werden sie mit den Zweitklässlern gemischt. So sollen nach und nach acht Klassen mit bis zu 176 Schülern gebildet werden. Jede Klasse wird aus einem Team von Grundschul- und Förderschullehrern, Erziehern, Teilhabeassistenten und FSJlern betreut und unterrichtet. Als staatlich genehmigte Ersatzschule, die erst in drei Jahren die staatliche Anerkennung und damit Zuschüsse erhalten kann, muss sie ein Schulgeld erheben.    

Ebenso wie Magnus Schneider, Vorsitzender der Lebenshilfe Gießen, betonte auch BWMK-Vorstandsvorsitzender Martin Berg, dass die neue Schule nicht „die“ Alternative zu Förderschulen darstellen werde, sondern nur eine Alternative. „Wir wollen hier ein kleines Beispiel dafür geben, wie man das eine oder andere verändern kann“, sagte Berg. Stellvertretend für alle Beteiligten dankte er Schulleiterin Mareike Meister, Bauleiter Heinz Beyer, Projektleiterin Christine Fischer, Investor Ernst Hain und Markus Schreiber vom Architektur-Büro Rack für ihren Einsatz bei der Umsetzung der Idee, eine inklusive Schule in Hanau zu errichten.

Der evangelische Pfarrer Stefan Axmann und die katholische Gemeindereferentin Brigitte Tabor weihten die Schule gemeinsam und baten um Gottes Segen. Anschließend versammelten sich alle Gäste auf dem Schulhof, wünschten der neuen viel Glück und ließen über 100 Luftballons steigen.